Freitag, 6. Juli 2007

Zwei ältere Männer


Es ist noch nachzutragen, daß ich Bülent Güray wiedergesehen habe. Er war 1971 der eigentliche Leiter der Leute von „AIESEC“, die damals für etwa 50 Studenten aus allen Ländern der Welt Praktika in Istanbul organisiert haben. Die meisten davon erinnern sich an ihn als den Mann mit „I have to make an announcement“, mit dem er seine immer präzisen Ansagen im Reisebus ankündigte. Er war später auch in Deutschland und dort ein häufiger und gerne gesehener Gast bei meinen und Christianes Eltern.

Erstaunt war ich, zu sehen, wieviel sein Leben mit meinem gemeinsam hat. Schon die Äußerlichkeiten waren gleich - als wir uns in seinem Büro wiedersahen, trug er dieselbe hellgelbe Sommerhose wie ich und ein blaues Hemd mit geknöpftem Kragen „button down“ dazu, ich auch. Sein Büro hat wie meines Platz für etwa acht bis zehn Leute, liegt wie meines in der Innenstadt, wobei allerdings für Kenner Istanbuls der Straßenname „Vali Konağı Caddesi“ schon sehr viel mehr nach Kurfürstendamm klingt als der Name meiner Alleestraße in Remscheid. In seinem Haus ist unten Starbucks drin, das macht den Unterschied deutlich.

Bülent ist am 11. März 1949 geboren, zwei Monate nach mir, wie ich hat er den Bart abrasiert, das Haar kurz und grau, er nimmt in etwa dieselbe Tabletten für bzw. gegen Herz, Kreislauf und hohen Blutdruck wie ich, ist seit der Jugendzeit mit derselben Frau verheiratet, muß unermüdlich arbeiten wie ich und hat Kinder (zwei), die im Leben gut vorankommen.

Anders als ich ist er Mitglied der Rotarier, aber immerhin haben die mich ebenfalls irgendwann einmal eingeladen (ich habe ihnen aber abgesagt, weil ich den Eindruck hatte, meiner Baptistengemeinde das schuldig zu sein, was die Rotarier von ihren Leuten fordern).

Auch raucht Bülent anders als ich immer noch bzw. wieder. Er hat aus Schreck über den plötzlichen Herztod seines einzigen, jüngeren Bruders Lewent vor wenigen Monaten das Rauchen wieder angefangen. Natürlich habe ich versucht, ihm das auszureden.

Er und seine Frau Defne haben uns zu einem wunderbaren Abend in einem noblen Restaurant mit Blick über den Bosporus eingeladen. Am Ende erzählte er, an mir habe ihm das Interesse an anderen Leuten gefallen, daß ich damals Türkisch gelernt habe und Tavla spielen konnte. Ich denke, auch zwischen ihm und mir gibt es das heimliche Einverständnis, das zwischen geborenen Enthusiasten herrscht.

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