Mittwoch, 11. Juli 2007

Türken und die Europäischen Gemeinschaft

 

Ich bin 1971 mit dem Eindruck aus der Türkei zurückgekehrt, daß dort Leute mit einem großen europäischen Bewußtsein leben, die mit ihrem Herzen fester an Europa angebunden sind als viele satte Mitteleuropäer. Bülent Güray war ein Beispiel. Gleiches galt übrigens für die Leute, die ich bei Thomas Freund in Budapest kennenlernte, wo ich auf der Hin- und Rückfahrt Station machte. Nun hat es Thomas, von 1971 aus gesehen, überraschenderweise noch vor Bülent geschafft, formell als Europäer anerkannt zu werden, aber ich habe es damals beiden gewünscht und ich wünsche es Bülent noch heute und trete auch dafür ein, daß sein Land in die EU aufgenommen wird.

Ich halte eine Islamisierung Europas durch den Anschluß der Türkei und durch die dann möglicherweise noch stärkere Zuwanderung der Türken nicht für wahrscheinlich. Genausowenig hat die massenhafte Einwanderung von katholischen Iren nach England oder von katholischen Polen nach Deutschland seinerzeit die Länder katholischer gemacht – eher im Gegenteil: der alte Glaube schliff sich ab, was man teilweise bedauern muß, das Verständnis der unterschiedlichen Konfessionen füreinander nahm dafür aber sogar eher zu.

Die Fundamentalisten unter den Türken werden in Berlin, Brüssel und Kopenhagen ihren Fundamentalismus leben und auf gleiche Weise in der Masse untergehen wie etwa die fundamentalistischen Christen mexikanischer Herkunft, die in Texas zwar große, lebendige Gemeinden gründen, auf das politische Geschehen im Lande aber genauso viel oder wenig Einfluß haben, wie die Nachfahren holländischer Freidenker oder italienischer Katholiken. Der große internationale Bazar der westlich geprägten Gesellschaften läßt die Fundamentalisten zwar zu, läßt sie aber andererseits auch wieder links liegen und fördert insgesamt eher den modernen Unglauben.

Den Türken wünsche ich allerdings, daß bei ihnen das Interesse an dem wächst, was 2000 Jahre Christentum in den Köpfen und Herzen der Europäer herangebildet hat – gerade weil sie uns in einer Phase kennenlernen, wo sich dies alles aufzulösen beginnt. Sie sollen ein bißchen mehr Achtung vor der christlich geprägten Geschichte unserer Institutionen haben und das häßliche Wort vom „Christenclub“ aus ihrem Wortschatz nehmen. Ich werde Bülent und Erkan von zu Hause aus das Jesus-Buch des Papstes in Englisch schicken, ich habe es ihnen bereits angekündigt, sie waren daran interessiert.

Ernst nehme ich die Bedenken von Peter Oberschelp, der in der europäischen Kultusbürokratie arbeitet und das Ganze bereits heute für zu groß und deshalb für unregierbar hält. Da könnte ein reiches Volk von blonden und blauäugigen Christenmenschen um Aufnahme bitten, er würde sie vermutlich ebenso ablehnen wie die Türken, aus Platzmangel.

Heute morgen kam mir der Gedanke, wie dieses Problem auf einfache Weise gelöst werden könnte. Man sollte diejenigen Mitglieder wieder gehen lassen, die ohnehin nur lustlos mitmachen – die Engländer zuerst, vielleicht auch die Polen, vielleicht ein oder zwei Skandinavier – und dann die Türken aufnehmen.

1 Kommentar:

Esther Runkel hat gesagt…

Ich sehe den Beitritt der Türkei zur Europäischen Gemeinschaft nicht so wie der Verfasser des Blogs. Das liegt daran, dass die Türkei, die ich kenne, sich so darstellt, dass sie in einem Viertel von Bonn mit wenig Anbindung zum deutschen, noch weniger zum westeuropäischen Umfeld lebt, reichlich viel Kopftuch trägt, vom Autor der Mohammed-Karikaturen eine offizielle Entschuldigung an alle Muslime erwartet, kein oder nur wenig Deutsch spricht, der Überzeugung ist, dass ein Mann nur ein Mann ist, wenn er bereit ist, für sein Vaterland zu kämpfen und zu sterben, dem untergegangenen großosmanischen Reich hinterher träumt, wenig Bewusstsein und Kenntnis von dem hat, was um sie herum geschieht und der Überzeugung ist, dass eine Frau, die einem Mann auf Augenhöhe begegnet keine Frau ist. Wenn die Türkei innerhalb von Deutschland schon so wenig Notiz von Europa nimmt, wieviel weniger werden es Türken in der Türkei tun!