1.) Man schreibt keinen Blog, um weltweit von unzähligen Menschen gelesen zu werden. Man läßt es sich an den freundlichen Redaktion der Kinder und einiger Freunde genügen und zählt sein Publikum an den Fingern von zwei Händen. Man rechnet auch nicht mit dem Mann auf der anderen Seite der Erdkugel, der zufällig in den Blog gerät und nun von einer plötzlichen Erleuchtung ergriffen sagt: "Der hat es verstanden!" Nein, man schreibt für einen kleinen Kreis von nüchternen Lesern.
2.) Man schreibt einen Blog wie ein privates Tagebuch, das ja viele Leute ebenfalls so verfassen, daß es jemand lesen soll, später mal. "Ja, so war er!" soll man dann sagen können, und daß "er" lieb war, aber auch ein bißchen verschroben, "vogelig" sagen wir in unserer Familie dazu. Mir ist es beim Schreiben manchmal so gewesen, als hätte ich ein Testament gemacht.
3.) Mit dem Blog wächst Material zusammen, vergleichbar dem eines Malers, der einen Skizzenblock mit sich herumträgt. Alles Erlebte wird daraufhin überprüft, ob es für einen Bericht verwertet werden kann, Informationen werden deshalb sorgfältiger eingeholt als gewöhnlich. So fragt man etwa Menschen, mit denen man ins Gespräch kommt, nach ihren Namen (und schreibt sie sich heimlich in ein Notizbuch). Mit der Kamera geht man näher ran, riskiert mehr.
4.) Das bloße Sammeln ist es an sich schon wert, daß man einen Blog schreibt. Es steigert die Freude des Betrachters, auch darin sicher dem malenden Reisenden vergleichbar. Die Welt wird zur Fundgrube, deren Ertrag man mit anderen teilt.
5.) Daß dem Blogschreiber manche Leute eine gewisse Selbstverliebtheit vorwerfen, darf ihn nicht stören. Mittlerweile schreiben mehrere Millionen auf der ganzen Welt ihren Blog, die können nicht alle von einem grenzenlosen Narzißmus befallen sein, denn der kann nur in einer gewissen Einsamkeit und Isoliertheit gedeihen.
6.) Man sollte Blogs nur so schreiben, da- sie den Leser auch dann interessieren, wenn man sie ihm als kleines Buch in die Hand gibt. Ich habe bei meinen früheren Blogs (über das
Jesus-Buch des Papstes und über meine
Herzbehandlung nebst Fortsetzungen) am Ende immer auch eine Druckversion hergestellt - vordergründig, weil meine Frau ihre alten Mutter, die kein Internet hat, auch an meinen Erlebnissen teilnehmen lassen will, in Wirklichkeit aber auch, um mit dem gedruckten Heftchen, das sich auf meinem Kopierer im Büro recht schnell herstellen lässt, nochmal die Gesamtheit des Geschriebenen zu überblicken und das Ganze dann auch drei oder vier anderen Leuten in einer etwas nobleren äußeren Form zugänglich zu machen.
7.) Dies alles ist natürlich viel zu lang. Meine Kinder haben mir dezent gesagt, daß man das ja gar nicht alles lesen kann, was ich so schreibe. Ich verspreche, an einer kürzeren Form zu arbeiten!