Samstag, 30. Juni 2007

Moscheen sind Kirchen

Wenn man verstanden hat, warum die Hagia Sophia eine Kirche ist und was sie etwa mit dem Kölner Dom gemeinsam hat, entdeckt man auch Reste von Kirchenbau in einer Moschee. Ich saß heute lange in der vermutlich schönsten Moschee der Stadt, der Süleymaniye des berühmten Baumeisters Sinan (fertiggestellt 1557), saß auf dem Boden, an einen der vier großen Pfeiler gelehnt, schaute quer durch den Kuppelsaal in eines der Seitenschiffe hinein und sah im Geiste eine der romanischen Kirchen von Köln vor mir.
Die Verwandtschaft ist gewollt, denn diese Moschee und eigentlich alle Kuppelbauten aller Moscheen in der Welt gehen auf die Hagia Sophia (fertiggestellt als Kirche 537, nach 1453 in eine Moschee umgewandelt) als ihrem bewußt gewählten Vorbild zurück. Und die wiederum hat bereits vorhandene Prinzipien für den Kirchenbau übernommen – etwa das zentrale Mittelschiff, die Apsis für den Altar, oder die Seitenschiffe, die ja in vielen Kirchen die Kreuzform ausgestalten. Sie hat die Kuppel hinzugezaubert und dabei die Quadratur des Kreises, oder besser gesagt die Verkreisung des Quadrates geschafft, aber unten am Boden ist sie eine normale Kirche.

Mich beschlichen eigenartige Gefühle – in der Hagia Sophia war mir die Gegenwart der christlichen Geschichte vollkommen klar, besonders vor dem Mosaik



mit dem lieben und starken Jesuskopf, der sich tief in das Bewußtsein aller Christen eingegraben hat. Ich hätte am liebsten einen Brandsatz auf die Reste der islamischen Ausstattungen des Doms geworfen, die hier nicht hingehören (obwohl in den Zeiten zwischen Luther und Karl Barth hier der Koran gelesen wurde, nicht die Bibel, erst Atatürk hat für Neutralität gesorgt und ein Museum daraus gemacht).

In der Süleymaniye dagegen war mir umgekehrt die Ähnlichkeit zu unseren Kirchen so bewußt (auch angesichts von wunderbar bunten Fenstern, deren Blau und Grün und Rot aussieht, als sei es in den selben Werkstätten entstanden wie das Material zu den Fenstern gotischer Kirchen), daß ich dachte, auch hier könne Gott wohnen. Vielleicht wurde meine versöhnliche Stimmung auch dadurch verstärkt, daß alle Frauen unterschiedslos ein Kopftuch trugen, auch meine eigene, so daß alle irgendwie in dem Respekt vor diesem Bau und dem Höheren Wesen, das hier herrscht, vereint zu sein schienen.

Wenn allerdings die Muezzine kehlig und irgendwie traurig rufen, was hier zeitgleich aus mehreren Ecken geschieht, dann ist mir diese ganze arabische Wüstenreligion wieder vollkommen fremd, und manchmal denke ich: den Türken auch, denn die verstehen ja meistens auch nicht mehr als ich von dem, was der Muezzin ihnen klagt.

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